"Rio Amazonas, Brazil (16.57–17.07 Uhr, 27.7.2003)"
B0979
C-print auf Aluminium auf Acrylglas (Diasec), Stahlrahmen
Name, Titel, Jahr in Rahmen graviert
Mit extremen Langzeitbelichtungen, die von Minuten über Stunden bis hin zu Jahren dauern können, stellt Michael Wesely Motive und Situationen im Verlauf ihrer Veränderung, im Fluss ihrer Bewegung in der Fotografie dar. Ergebnis ist jeweils ein fotografisches Bild, auf dem alles festgehalten ist, was sich vor der selbst konstruierten, fix montierten Kamera in der Zeitspanne der Öffnung des Verschlusses ereignet hat. Für das menschliche Auge ist die Entstehung nicht wahrnehmbar. Mit dieser Technik verdichtet Wesely das Prozesshafte von Zeit. Durch die Transferierung ins Filmische bzw. aufgrund der durch die Langzeitbelichtung entstehenden, zahlreichen sich überlappenden und damit scheinbar gleichzeitigen Bilder von Veränderungen werden die Fotografie als Medium der Momentaufnahme und die Zeit als chronologische Größe neu zur Disposition gestellt. Basis von Weselys hyperrealen Fotografien sind alltägliche Orte, Dinge und Situationen: Es entstehen Bilder von biologischen Prozessen wie dem Verwelken einer Blüte, von städtebaulichen Entwicklungen wie Neubauten oder Baustellen, von Veränderungen in der Natur oder auch von menschlichen Handlungen. In Darstellungen von Orten, in denen Zeit per se schon eine große Rolle spielt – wie auf Bahnhöfen – bzw. wo der Wandel des Jahreskreislaufs sichtbar wird (Sonnenauf- und Sonnenuntergänge) potenziert sich die Auseinandersetzung mit Zeit. Durch das Charakteristikum der Langzeitbelichtung, der Unschärfe, ausgelöst vor allem durch die Bewegung von Menschen, die bei heftigen Aktionen bis hin zur "Auflösung" derselben führen kann, wird Zeit auch in ihrer Eigenschaft des Verschwindens sichtbar gemacht.
(Petra Noll, 2013)