"When Scanners Meet (#5)"
Pigmentbasierter Tintenstrahldruck auf Hahnemühle Photo Rag
An den Rändern des Geschehens — mittendrin
In der zuletzt entstandenen Serie When Scanners Meet führt Selichar nicht nur eine Auswahl jener Apparaturen vor, deren bildgebendes Verfahren bei manchen Menschen für den Regenbogeneffekt verantwortlich zeichnet. Er gibt auch einen programmatischen Einblick in seine eigene Denk- und
Produktionsweise. Denn in When Scanners Meet lässt der Künstler jeweils zwei Geräte gleichen Typs, handelsübliche Flachbett- oder Handscanner, aufeinandertreffen. Der erste Scanner scannt den zweiten Scanner beim Scannen des ersten … und so weiter und so fort. Selichar erzeugt mit den Bildern dieser Serie visuelle wie konzeptuelle Endlosschleifen, die sich selbst zum Thema haben und buchstäblich wie im übertragenen Sinn durchleuchten. Er zeichnet die Bewegung der sich gegenseitig reflektierenden Apparaturen auf, er erfasst den Zeitpunkt, an dem die beiden Lichtquellen einander treffen, er bringt das industrielle Gehäuse des Geräts zum Vorschein und spielt mit der Abstraktion als gestalterischem Mittel — inklusive des irisierenden Effekts. Bei When Scanners Meet wird offensichtlich, wie sich Selichar kunstimmanenten Fragestellungen nähert, indem er sich zuerst den vermeintlichen Nebenschauplätzen der Kunstproduktion widmet: Der Regenbogeneffekt äußert sich zwar an den Rändern der eigentlichen Bilder, in letzter Konsequenz bringt er jedoch ihre mediale Basis, ihren Urgrund, zum Vorschein. Ähnlich entwickelt Günther Selichar sein Werk entlang der Ränder, Begrenzungen und Peripherien des massenmedialen Geschehens — und ist dennoch mittendrin.
(Franz Thalmair, 2016 in: Uli Bohnen, Dieter Buchhart, Christoph Doswald, Ruth Horak, Kathy Rae Huffman, Robert C. Morgan, Marc Ries, Dieter Ronte, Amy Ingrid Schlegel, Günther Selichar, Franz Thalmair, Claudia Tittel: Günther Selichar. Who’s Afraid of Blue, Red and Green? (1990–2017), Wien: Verlag für Moderne Kunst, 2017).