"Pantomime No.6"
Gelatinesilberabzug auf Baryt
Das Porträt einer Frau hinter dem Vorhang wirkt durch ihren seitlich nach oben gerichteten Blick abwesend. Der "Vorhang" trennt uns als Betrachtende räumlich von der Unbekannten und zwingt uns in die Rolle des Beobachters, der Beobachterin, die Rolle des nicht eingreifenden Voyeurs. Murabito eröffnet damit das breite Feld der Film- und Medientheorie. Das Motiv erhält so eine stark sexuelle Konotation und deutet damit auf die weibliche Verletzlichkeit hin.
Eine weitere theoretische Deutungsebene eröffnet sich bei näherer Betrachtung der Entstehung des Bildes. Diese kameralose Fotografie entstand in der Dunkelkammer. Auf dem unbelichteten Fotopapier wird der "Vorhang" etwa aus durchsichtiger Folie arrangiert, darauf wird das Bild einer Frau, vermutlich einer Schauspielerin, einer Pantomime, projiziert. Die Frau vor dem Vorhang verhält sich somit andersrum als uns auf den ersten Blick suggeriert wurde.
(Christoph Fuchs, 2020)