"Direct Art Festival"

Porrhaus, Wien

SW-Fotografie als späterer C-Print

rückseitig signiert und nummeriert

"Direct Art Festival" am 9. November 1967 im Festsaal des Gewerkschaftshauses in der Treitlstraße (dem s.g. Porrhaus) in Wien. Das Bild zeigt links mit Blick in die Kamera Joef Nöbauer.

Auch und gerade Künstler verinnerlichten die Maxime der Achtundsechziger, dass alles Private politisch sei; nichts Privateres aber gibt es als den eigenen Körper. Im Wien Ende der 1960er Jahre gingen die Aktionisten wie Otto Muehl, Rudolf Schwarzkogler, Hermann Nitsch und Günter Brus noch einen Schritt weiter: Da der empfundene Druck des Staates sichtbar gemacht werden sollte, wurde der eigene Körper zur Leinwand, zum Medium des künstlerischen Ausdrucks, und dies wörtlich: Der Künstlerkorpus gehörte von nun an zum Künstler-Corpus, der Leib wurde über und über bemalt, wovon als Schwundstufe bis heute auf Alternativfestivals das Body-Painting verblieben ist.¹
Günter Brus, Kurt Kren, Otto Mühl, Hermann Nitsch und Peter Weibel werden 1966 zum "Destruction in Art Symposium" (DIAS) in London eingeladen. Die Wiener Aktionisten können sich zum ersten Mal in einem internationalen Rahmen vorstellen. Sie tun dies in London so ausführlich, wie sie dies in Österreich noch nicht getan haben.² Zurück in Österreich wendet sich nun auch die Kunst der Wiener Aktionisten und der ehemaligen Wiener Gruppe auf das rein Körperliche. In Veranstaltungen werden Zuschauer:innen, Presse und Polizei provoziert, so auch im "Direct Art Festival" 1967 im Porrhaus in Wien. Zahlreiche Künstler der Zeit waren dabei vertreten: Günter Brus, Otto Mühl, Otmar Bauer, Josef Nöbauer, Michael Pühringer, Herbert Simböck u.a.
René Prassé, der Fotograf, war damals als junger 21-jähriger Student als Zuseher im Publikum der Aktion. Die Fotos entstanden ohne Blitz auf hochempfindlichem Film mit einer Exakta Spiegelreflexkamera und einem Normalobjektiv. Prassé war demnach gezwungen sehr nahe an die Bühne heranzurücken.³ Was zum unmittelbaren Charakter der Bilder führt, fast als wäre der Fotograf Teil der Aktionisten.
(Christoph Fuchs)

1
Stefan Trinks, Existenz als Zerreißprobe, FAZ.net, 27.9.2018, https://www.faz.net (16.11.2023)

2
Thomas Dreher, Aktionstheater als Provokation: groteske Körperkonzeption im Wiener Aktionismus, Vortrag, Staatsgalerie Stuttgart, 30. Juni 2009, https://dreher.netzliteratur.net/2_Performance_Aktionismus.html (16.11.2023)

3
Nach Angaben des Fotografen am Beiblatt zur Foto-Edition