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Inv. Nr.S-2787
KünstlerCharlotte Rohrbachgeb. 1902 in Małszewo (vormals Malschöwen in Ostpreußen), Polengest. 1981 in Pöcking, Deutschland
Titel

"Der Verwundete"


Skulptur von Arno Breker (1900–1991), 1938

Jahr1943
Technik

Gelatinesilberabzug

Bildgröße14 x 10 cm
Kommentar

Charlotte Rohrbach fotografierte für Reportagen, unter anderem entstanden 1934 erste Modefotografien für die Zeitschrift "Die Dame". Berühmt wurde sie für ihre Aufnahmen der Werke des Architekten und Bildhauers Arno Breker. Er galt als der prominentesten Künstler des national­sozialistischen Deutschen Reich. Nach Adolf Hitlers Meinung gehörten seine Plastiken "wohl zum Schönsten, was in Deutschland je geschaffen wurde".1 Rohrbach verband mit Breker eine lebenslange Künstlerfreundschaft. Diese begann Anfang der 1930er Jahre, als der junge Breker von Paris nach Berlin übersiedelte.
Die Bilder der deutschen Fotografin wurden in Zeitschriften wie Die Kunst im Dritten Reich und in Büchern veröffentlicht. Charlotte Rohrbach hat es wie kaum eine andere Fotografin ihrer Zeit verstanden, in der Schwarz-Weiß-Fotografie neue Maßstäbe zu setzen. Sie wurde als Fotografin oft mit der Regisseurin Leni Riefenstahl verglichen. Rohrbach konnte mit ihrer zurückhaltenden Art jedoch keine ähnliche offizielle Rolle in der NS-Zeit einnehmen wie ihre berühmte Kollegin. 1942 beteiligte sie sich an der SS-Hetzschrift Der Untermensch.2
(Christoph Fuchs)

 

Zur Skulptur "Der Verwundete", 1938 von Arno Breker

Die Skulptur war als eine der vier männlichen Figuren gedacht, die eine monumentale Skulptur von Apollo mit seiner Quadriga umgeben sollten. Die Skulpturengruppe wurde nie verwirklicht. Sie sollte den Hauptkreisel des neuen Berlins schmücken, der von dem Architekten Albert Speer errichtet werden sollte.
Das komplexe ikonographische Programm sollte den Beginn einer neuen nationalsozialistischen Ära verherrlichen. In dem 1942 von Charles Despiau anlässlich der Einzelausstellung von Arno Breker in der Orangerie des Tuileries in Paris veröffentlichten Buch trägt die Skulptur den Titel Le guerrier blessé (Der verwundete Krieger). Am muskulösen Körper des Verwundeten sind keine Verletzungen zu sehen. Lediglich das Vorhandensein eines Stirnbandes deutet auf eine körperliche oder höchstwahrscheinlich psychische Verletzung hin.
Die Skulptur könnte als Allegorie auf das Streben Deutschlands nach Wiedererlangung seiner Macht nach der Niederlage und Demütigung des Ersten Weltkriegs gelesen werden.
Obwohl Arno Breker den Verwundeten als Befehl für ein öffentliches und allegorisches Denkmal konzipierte, gab er der Skulptur dennoch eine spezifische Identität und führte anekdotische Elemente in sein Projekt ein. Auch wenn der Gesichtsausdruck des Verwundeten für den Betrachter nicht sichtbar war, gab Arno Breker der Skulptur das Gesicht des französischen Radfahrers André Leducq, das einige Jahre zuvor in den französischen Zeitungen veröffentlicht wurde.
Einige Jahre später goss er sogar eine separate Skulptur als Porträt: Der Kopf des Verwundeten. Ein Exemplar dieses Werks befindet sich ebenfalls in der Sammlung Hugo Voeten. Der Kopf des Verwundeten fungiert als autonomes Porträt von Leducq, mit dem Arno Breker einem Mann huldigt, mit dem er bis mindestens Ende der 1960er Jahre in Kontakt blieb (wie Archivdokumente belegen).
(Simon Delobel, Sammlung Hugo Voeten)

 

Anmerkungen

1
"Bauten der neuen Zeit" in: Alpenländische Rundschau. Unpolitische Wochenschrift für die gesamten Alpenländer / Alpenländische Rundschau, 24. Dezember 1938, S. 8 (online bei ANNO).

2
vgl. dazu wikipedia, Charlotte Rohrbach (https://de.wikipedia.org/wiki/Charlotte_Rohrbach, aufgerufen 4.10.2024)

S-2787, "Der Verwundete"
Charlotte Rohrbach, "Der Verwundete", 1943
S-2787, Ansicht vorne
© Charlotte Rohrbach Nachlass